Articolo dedicato alle donne di madrelingua tedesca dell’Alto Adige!
Die Pille als Handicap, nicht nur beim Muskeltraining
Jahrzente ging es bei der Debatte um die Risiken der Anti-Babypille darum, wie sehr sie die Entstehung von Blutgerinnseln fördert und damit das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöht. Neue und niedriger dosierte Hormonpräparate sollen das deutlich erhöhte Thromboserisiko der ersten Pillengeneration senken. Inzwischen ahnt man, daß die Pille – wie alle Hormone – viele Stoffwechselwege beeinträchtigt und deshalb bei einer zunehmenden Zahl von Frauen nicht oder nur mit größter Zurückhaltung verschrieben werden sollte. Moderates Krafttraining hat sich längst von der abschreckenden Bodybuilder-Muskelprotz-Ästhetik emanzipiert. Es ist eine der wichtigsten Strategien gegen Zivilisationskrankheiten. Sowohl Rückenbeschwerden als auch Entgleisungen des Stoffwechsels wie Diabetes bessern sich, wenn die Fettmasse zugunsten der Muskelmasse abnimmt. Besonders junge, körperbewußte Menschen achten auf ihre Fitness und trainieren auch ohne Beschwerden ihre Muskeln regelmäßig. Die Frauen unter ihnen müssen jedoch plötzlich erkennen, daß sie sich wie Sisyphus vergeblich mühen, wenn sie mittels Hormonen verhüten.
Viel Mühe, wenig Muskeln
Amerikanische Forscher um Chang-Wook Lee haben an den Universitäten von Texas und Pittsburgh 34 Frauen, die Hormone zur Verhütung einnahmen, und 39 Frauen, die keine Pille nahmen, über zehn Wochen hinweg beim Fitnesstraining beobachtet. Sie waren zwischen 18 und 31 Jahre alt und hielten gleiche Trainings- und Ernährungsbedingungen ein. Das Resultat überraschte in seiner Eindeutigkeit sogar die Forscher selbst: Unter der Pille baut man 60% weniger Muskelmasse auf, als wenn “frau” auf Hormone verzichtet(1). Eine umfassende Erklärung gibt es noch nicht. Allerdings fällt auf, daß katabole Kortisonabkömmlinge, also solche, die bei Streßreaktionen hochgefahren werden, bei den Pillennehmerinnen erhöht waren.
Dies sind auf Dauer unerwünschte Kandidaten. Denn sie kurbeln beispielsweise den Knochenabbau an. So verwundert es nicht, daß das Knochengerüst von heranwachsenden Frauen unter der Pille an Stabilität einbüßt, wie eine fünf Jahre dauernde Beobachtungsstudie soeben gezeigt hat. Nur nach Absetzen nahm die Knochendichte wieder zu (2). Acht von zehn Frauen in den USA nehmen zu einer Zeit die Pille , da der Körper besonders aktiv Knochenaufbau betreibt. Ihnen empfiehlt man, unter der Pille ihre Ernährung mittels Calciumpräparaten konsequent zu ergänzen. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß jenen Frauen offenbar etwas fehlt, die während der hormonellen Verhütung nicht auf zusätzliches Calcium achten. Die Pille hemmt überdies den Kollagenaufbau in Sehnen, Knochen und Muskeln. Wie dem zu begegnen wäre, ist nicht untersucht.
Unterschwellige Risiken
Am Beispiel der ausgebremsten Fitness sieht man, daß manche Nachteile nicht sofort auffallen, vor allem, wenn sie nicht spektakulär sind. Sie werden erst wahrgenommen, wenn jemand gezielt danach sucht. Deshalb sind schwerwiegende Nebenwirkungen der Pille, etwa Lungenembolien, derentwegen junge Frauen in die Schlagzeilen geraten, auch nur die Spitze des Eisbergs. Die langfristigen Risiken der Pille für den Stoffwechsel junger Frauen sind nämlich erst in Ansätzn erforscht. Sie sind umso schwieriger zu erfassen, als es sich oft um unterschwellige Veränderungen handelt, die womöglich erst nach Jahren ihr gesamtes Schadenspotential offenbaren. So hat man inzwischen etliche Hinweise, daß die Einnahme der Pille den Zuckerstoffwechsel beeinträchtigt, die Glukoseverarbeitung verschlechtert und die Empfindlichkeit für Insulin herabsetzt. Ob man Frauen, die zuckerkrank sind überhaupt eine Pille verschreiben sollte, war lange umstritten. Es gäbe auch – so eine umfassende Analyse von unabhängiger Seite – keine klare wissenschaftliche Antwort darauf, ob durch die neueren Pillenpräparate bei diesen kranken Frauen tatsächlich keine Verschlechterungen zu befürchten seien (3). Aber auch Untersuchungen an gesunden Frauen geben keine Entwarnung. In einer finnischen Studie wurde eine Verschlechterung des Zucker-Insulin-Haushaltes festgestellt, die Hormonverhütung ging mit höheren Blutdruckwerten einher, Substanzen, die Entzündungen fördern, wurden vermehrt gemessen, die Konzentration der schützenden Cholesterinpartikel (HDL) war verringert, innerhalb der Fraktion der Blutfette waren zudem die Triglyceride erhöht. Diese Befunde bestätigen sich auch für Frauen anderer Ethnien, wie eine Studie mit afro-amerikanischen Frauen zeigt (4). Die finnischen Untersucher rufen ausdrücklich zu einer kritischen Verschreibungspraxis auf, weil hier der Grundstein gelegt würde für spätere Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes (5).
Nicht die Pille nehmen sollte, wer…
So wird die Pille zum einen zur Wegbereiterin von Zivilisationskrankheiten. Die aufgelisteten Veränderungen treten nämlich als so genanntes metabolisches Syndrom bevorzugt im Zusammenhang mit Übergewicht und mangelnder körperlichen Bewegung auf. Zum anderen verschlechtert sie bei Frauen, die bereits aus anderen Gründen zu solchen Erkrankungen neigen ihre ohnehin schlechte Ausgangsbasis. Das gilt für überhöhten Blutdruck, Diabetes, Nierenleiden und andere Gefäßerkrankungen aber auch für Migräne. Bei Frauen, die an einer Migräne leiden, die sich regelmäßig durch Vorzeichen ankündigt, etwa Trugwahrnehmungen (Aura), ist die Verschreibung kombinierter Hormonpillen sogar streng untersagt.
Professor Hartmut Gülker vom Herzzentrum in Wuppertal weist auf dem Internet-Portal www.diabetes-risiko.de nachdrücklich auf die extremeGefährdung durch die Kombination von Rauchen und Pille hin. Die Infarkt-Rate habe deshalb besonders bei jungen Frauen drastisch zugenommen, obwohl dies kaum bekannt sei. Er beziffert die Zahl der Raucherinnen unter den 13- bis 19jährigen Frauen auf 35%. Bei einer jungen Raucherin steigert sich das Risiko einer Herzerkrankung auf das drei- bis elffache der Nichtraucherin gleichen Alters. Unter der Pille vervielfacht sich diese Gefahr auf das 20 bis 87-fache (6). Ebenfalls erhöht ist das Risiko, als Pilleneinnehmerin nach dem 35. Lebensjahr einen Schlaganfall zu erleiden, obgleich solche Ereignisse in dieser Lebensspanne so selten sind, daß sich das Risiko nicht exakt hochrechnen läßt. Für die neuesten Hormonpräparate der 3. Generation wird ein günstigeres Risikoprofil postuliert, Studien, die dazu aussagekräftige Daten lieferten, gibt es indes noch nicht.
Teufelskreis für junge Frauen
Tatsache ist jedoch, daß immer mehr junge Frauen unter ebenjenen Erkrankungen des Herzkreislauf-Systems und Stoffwechsels leiden, für die die Pille womöglich einen weiteren Risikobaustein darstellt. Sie dürften von vorneherein eine Hormontherapie nur unter Vorbehalt oder eher überhaupt nicht verschrieben bekommen. Diese Krankheiten sind zudem solche, die in der Regel unentdeckt bleiben – vor allem bei jungen Menschen. Ein fünftel der unter 35-jährigen hat jüngsten Erhebungen zufolge schon einen erhöhten Blutdruck. Der Anteil der jungen Frauen, die bereits im gebährfähigen Alter unter Hochdruck und Diabetes leiden, hat sogar derart drastisch zugenommen, daß immer häufiger davor gewarnt wird, sie mit eigentlich gut wirksamen, aber fruchtschädigenden Blutdrucksenkern, wie den ACE- Hemmern zu behandeln. Wollen diese Frauen ihren Diabetes und ihren Hochdruck “natürlich” senken, so könnten sie dies, wie jeder andere Kranke, am besten durch Sport und Ernährung. Man weiß, daß Krafttraining für Diabetiker sogar besonders günstig ist. Hier schließt sich leider ein Teufelskreis: wer mit der Pille verhütet, dem nützt das Krafttraining herzlich wenig, wie wir soeben dazu gelernt haben.
“ Die Pille” gibt es natürlich nicht. Es gibt viele verschiedene Präparate, die oft eine Kombination von Sexualhormonen enthalten. Sie unterscheiden sich in Dosis und Wirkprofil. Es gibt Tabletten, den Scheidenring, die Depotspritze oder das Pflaster auf der Haut. Gleichwohl betreffen die genannten Risiken die Mehrzahl der gängigen Präparate, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.
Quellen:
Lee, C-W et al. Oral Contraceptives Impair Muscle Gains In Young Women. 122nd Annual Meeting of the American Physiological Society, April 18-22 New Orleans
Beksinka ME et al: Bone mineral density in a color of adolescents during use of norethisterone enanthate, depot-medroxyprogesterone acetate or combined oral contraceptives and after discontinuation of norethistherone enanthate. Contraception 2009 Bd. 79, S. 345-349
Cochrane Database Systematic Review 2006 ùoct 18; (4):CD003990
Frempong BA et al: Effect of low-dose roal contraceptives on metabolic risk factors in African-American woman. Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 2008, Bd. 93, S. 2097-2103
Morin-Papunen L et al: Comparison of metabolic and infiammatori outcomes in women who uses oral contraceptive and the levonorgestrel-releasing intrauterine device in a general population. American Journalof obstetrics and Gynecology 2008, Bd. 199, S.529e1-529e10
Deutsche – Leitlinien für Gynäkologie + Geburtshilfe / Empfängnisverhütung: http:/www.uni-duesseldorf.de/AWMF/11/015-015.htm