Articolo dedicato alle donne di madrelingua tedesca dell’Alto Adige!
Sex sells
der Markt der unzufriedenen Frauen
Die Vorgeschichte
Es ist noch nicht lange her, dennoch erleben wir es wie den Niedergang einer Ära: Nach einem Boom in den letzten 25 Jahren meiden inzwischen Ärzte und Frauen die Hormontherapie der Wechseljahresbeschwerden wie der Teufel das Weihwasser. Noch wird heftig darüber debattiert, um wie viel höher tatsächlich das Krebsrisiko ist, wenn eine Frau über viele Jahre Östrogene oder Gestagene oder eine Kombination dieser weiblichen Sexualhormone zu sich nimmt. Klar ist aber, dass sie angesichts dieses drohenden Damoklesschwertes deutlich seltener verschrieben werden als zuvor. Aber schon will ein neuer Leitstern am Hor- monhimmel den Frauen den richtigen Weg weisen: sie sollen statt weiblicher nun männliche Sexualhormone anwenden. Selbst wer noch nicht in den Wechseljahren ist, sollte hierbei aufmerken und nicht denken, das geht mich (noch) nichts an. Denn auch andere Frauen werden derzeit als mögliche Kunden und Patientinnen für diese neuen Hormontherapien ins Visier genommen. Worum geht es? Nicht mehr die Wechseljahresbeschwerden allein sind das Thema, sondern die Libido, das Sexualerleben der Frauen und ihre (Un)Zufriedenheit damit.
Testosteron – Alles Mangel oder was?
Schon seit über 70 Jahren versuchen Ärzte, Testosteron – eines der männlichen Sexualhormone – zur Therapie von allen möglichen Schwächen „an die Frau“ zu bringen. Hierzu zählen so wenig fassbare Beschwerden wie Verlust der allgemeinen Vitalität oder Spannkraft, aber auch mangelnder Antrieb, Müdigkeit, Schwäche und nicht zuletzt das Nachlassen der sexuellen Triebkräfte. Testosteron ist nicht umsonst das „Männlichkeitshormon“, es macht fit und stark. Es macht sogar aggressiv, was aber – wenn es die sexuelle Triebkraft betrifft – durchaus auch positiv gedeutet werden kann. Unmittelbar einzuleuchten scheint eine solche Hormongabe in jenen Fällen, in denen ein Mangel, ein zu wenig an Testosteron, feststellbar ist. Die Produktion dieser Substanz kann nämlich bei Entfernung der Eierstöcke ebenso nachlassen wie die der weiblichen Sexual- hormone. Außerdem sinken die Wirkspiegel im Blut auch mit dem Alter ab (jedenfalls bei manchen). Da lag es nahe, den Testosteronmangel für das Nachlassen des sexuellen Begehrens verantwortlich zu machen. Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem Sexualleben stehen, werden nämlich auch mit zunehmendem Alter häufiger, zumindest ist das eine oft widerspruchslos akzeptierte Vorstellung. Aus den vergangenen Jahren gibt es bereits zahlreiche Studien, die nachweisen sollen, dass die Einnahme von Testosteron, oder das Tragen eines Testosteronpflasters, oder das Verwenden eines Sprays der weiblichen Libido wieder aufhilft, wenn sie im Zuge der Wechseljahre verloren gegangen sein sollte.
Die Suche nach dem Viagra® für Frauen
Nun sind indes sexuelle Probleme, Nachlas-sen der Libido, mangelnde Erfüllung mit dem Partner, oder insgesamt die Unzufriedenheit mit dem Sexualleben keineswegs auf die Zeit um und nach den Wechseljahren beschränkt. Solche „Mangel- erscheinungen“ sind zudem nicht selten. 17 bis 25 Prozent der Frauen klagen in einschlägigen Befragungen darüber, dass ihr Sexualleben zu wünschen übrig lasse – und zwar unabhängig vom Alter. Deshalb hat jetzt eine australische Arbeitsgruppe unter Leitung von Susan Davis von der Monash-Universität in Melbourne die Wirkung von Testosteron auch an Frauen im Alter von 35 bis 41 Jahren getestet. Diese Frauen hatten einen eher niedrigen Testosteronspiegel und profitierten folgendermaßen: Eine mittlere Testosterondosis bescherte ihnen innerhalb eines Monats 0,8 zusätzliche, befriedigende sexuelle Ereignisse (self-reported satisfactory sexual events). Solche und ähnlich formelhaften Erfolgsberichte über Testosterontherapien findet man immer häufiger und sie beziehen zunehmend auch Frauen diesseits der Wechseljahre als Testpersonen mit ein. Aber sind 0,8 Extra-Ereignisse im Monat ein tatsächlich befriedigendes Ergebnis, um bei der oben zitierten Studie zu bleiben? Hier sind viele Fragen offen. Zum Beispiel wird die sexuelle Zufriedenheit in so genannten Scores gemessen. In diese fließt allerhand ein, zum Beispiel, ob eine Frau öfter an sexuelle Inhalte denkt, sich von einschlägigen Bildern der Werbung eher als sonst anregen lässt, sexuell gefärbte Tagträume hat, sich öfter selbst befriedigt, mehr Kuschelmomente mit dem (oder einem ihrer) Partner erlebt, sich öfter Geschlechtsverkehr wünscht oder ihn auch hat und etliche andere Parameter. Mehr Orgasmen sind dabei nur ein Punkt unter vielen und so bleibt ein weiter Spielraum, um zu definieren, was es einer Frau wirklich bringt, dieses Hormon zu nehmen – vor oder nach den Wechseljahren
Zweifelhafte Wirkung, und ….
Da verwundert es nicht, dass es in einem Kommentar zu dieser Studie heißt, die meisten Fragen seien eigentlich noch offen. So zeigte sich zum Beispiel, dass eine sehr hohe und eine sehr niedrige Dosis gleich wenig Verbesserung brachten. Wenn aber Testosteron die Substanz ist, die das Sexualleben verbessern soll, müsste man erwarten, dass – nach dem Motto „viel hilft viel“ – eine höhere Dosis auch einen deutlicheren Effekt zeigte. Außerdem lässt sich nicht definitiv eine feste Beziehung zwischen einem erniedrigten Testosteron im Blut und geringeren sexuellen Bedürfnissen herstellen. Ob hier also tatsächlich das Testosteron für die Beschwerden im Zusammenhang mit dem Sexualleben verantwortlich ist, ist deshalb nicht sicher. Zudem gibt es Frauen, die im Rahmen einer funktionierenden Partnerschaft ihr Erleben durchaus als glücklich bezeichnen, aber nach der Messlatte der Scores als unzufrieden zu gelten hätten, weil das eine oder andere Kriterium nicht erfüllt ist. Was ist umgekehrt mit sexuell sehr aktiven Frauen, die dennoch zu keiner Befriedigung finden?
…. unbekannte Langzeitrisiken
Wenn man neue Therapien erprobt, stellt sich nicht selten ein Reflex ein, der da lautet: Wenngleich unklar ist, wie es wirkt und ob es viel hilft, man kann es ja mal probieren. Angesichts der Erfahrungen mit der Hormonersatztherapie in den vergangenen Jahrzehnten sind jedoch viele Frauen kritischer geworden und fragen bereits früh nach möglichen Nebenwirkungen. Welche sind in diesem Fall zu erwarten. Manche offenbarten sich sofort. Das männliche Hormon Testosteron lässt nun mal – je nach Dosis fast unvermeidlich – die Haare sprießen. So wird denn auch öfter unter dieser Behandlung eine Rasur notwendig, teils im Gesicht, teils nur in der Region, wo zum Beispiel das Pflaster klebt. Weitere Vermännlichungser scheinungen sind Haarverluste an bestimmten Stellen – Geheimratsecken wie bei Männern –, vermehrte Aknebildung oder eine tiefere Stimme.
Weniger rasch zeigen sich die Langzeitwirkungen, die jedoch sehr viel ernster genommen werden müssen. Dazu zählt ein möglicherweise höheres Krebsrisiko, nicht nur, aber insbesondere für Brustkrebs. Hier steht man also vor dem gleichen Problem wie bei der Hormonersatztherapie mit weiblichen Hormonen. Schon gibt es Warnungen, die Testosteron-Therapie könnte das Brustkrebsrisiko erhöhen – und zwar sowohl bei Frauen nach, als auch bei denen jüngeren vor der Menopause. Wie anregend Testosteron für Tumorzellen sein kann, lässt sich schon allein aus der Behandlung des Prostatakrebses ablesen: Hier gibt man Anti-Testosteron, um den Tumor in Schach zu halten. Auch von Seiten der Wissenschaft wird daher gefordert, Testosteron nicht allzu leichtfertig als Therapie von sexueller Dysfunktion zu verschreiben. Das sei noch verfrüht. Wenn es einer Frau subjektiv nun unter Testosterontherapie deutlich besser geht? Dann gilt keineswegs, dass sie unter Abwägung dessen, was ihr wichtig ist und was sie über die Risiken weiß, die Therapie ablehnen müsste. Umgekehrt sollten es Frauen jedoch nicht nötig haben, sich von irgendwelchen scheinbar objektiven Befunden einreden zu lassen, dass ein Plus von 0,8 events im Monat schon genug ist.
Quellen:
- Davis S, et. al.: Safety and Efficacy of a Testosterone Metered-Dose Transdermal Spray for Terating De- creased Sexual Satisfaction in premenopausal Women. Annals of Internal Medicine 2008, Bd. 148, S.569-577.
- Basson R: Testosterone Supplementation to Improve Women’s Sexual Satisfaciton: Complexities and Un- knowns. Kommentar zur oben zitierten Studie im glei- chen Journal: Annals of Internal Medicine 2008 Bd. 148, S. 620-621.
- Schover I: Androgen therapy for loss of desire in women: is the benefit worth the breast cancer risk? Fertility & Sterility 2008, Bd. 90, S.129-140.
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